Profimakler genauso knapp wie billiger Wohnraum

Experten und Nachwuchskräfte können in der Immobilienbranche kräftig beim Gehalt pokern, denn in den Unternehmen herrscht zunehmend Personalmangel. Doch die meisten haben etwas ganz anderes im Sinn.

In der boomenden deutschen Immobilienbranche werden jetzt die Führungskräfte knapp. Die gute Auftragslage bei den Unternehmen und das nun schon seit Jahren stetige Wachstum sorgt bei Personalberatern wie der Cobalt Recruitment für ein florierendes Geschäft.

Das mit 30 Mitarbeitern an fünf Standorten in Deutschland nach eigenen Angaben größte Branchenunternehmen für Personaldienstleistungen profitiert davon, dass die Bautätigkeit zunimmt sowie die Verwaltung und Betreuung von Immobilien im großen Stil immer professioneller wird.

Und dann steht die Immobilie im aktuellen Niedrigzinsumfeld als Sachanlage immer mehr im Mittelpunkt, was bei vielen Banken und Investmenthäusern für eine zusätzliche Nachfrage nach erfahrenen Immobilienexperten führt.

Der Deutschlandchef des weltweit tätigen Consulters, Richard-Emanuel Goldhahn, geht davon aus, dass der Personalmangel in den mittleren und oberen Etagen der Immobiliengesellschaften in den nächsten Jahren sogar noch zunehmen wird. „Handlungsbedarf entsteht vor allem durch die wachsende Nachfrage nach Wohnungen in den Ballungszentren“, sagt Goldhahn im Gespräch mit der „Welt“.

Aber auch in Regionen mit Bevölkerungsschwund gebe es eine höhere Nachfrage nach Fachkräften, fügt der Berater hinzu. Dort sei mit zunehmendem Leerstand neuer Personalbedarf für die Neuvermarktung entstanden. Höherer Managerbedarf entstehe zudem in kommunalen Wohnungsgesellschaften. Und durch die Veränderungen im Maklerrecht könne man davon ausgehen, dass es zu einer Verdichtung der Unternehmen komme.

Techniker und Bauleiter sind besonders gesucht

„Insgesamt sehen wir die Immobilienbranche weiter auf dem Wachstumspfad“, sagt Goldhahn. Das Bruttoinlandsprodukt steige unentwegt, und die Finanzmärkte seien, was die Euro-Krise angeht, gelassener geworden. Deswegen habe die Immobilienbranche weiter günstige Rahmenbedingungen. „Mit dem prosperierenden Geschäft wird die Nachfrage nach Führungskräften noch erheblich zunehmen“, sagt Goldhahn.

Gesucht würden derzeit besonders Fachplaner in der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA), Bauleiter, Property-Manager (Vermietung), Asset-Manager (Verwaltung), Finanzspezialisten und Buchhalter. Auch für Architekten gebe es Bedarf – allerdings nicht für Entwurfsarchitekten, sondern nur für baubegleitende Architekten vor Ort. In manchen Bereichen können die Cobalt-Berater die wachsende Nachfrage nach Bauleitern überhaupt nicht decken.

Bruttojahresgehälter inklusive Boni: Führungskräfte in der Projektsteuerung kommen im Jahr auf ein Einkommen von bis zu 125.000 Euro

Bruttojahresgehälter inklusive Boni: Führungskräfte in der Projektsteuerung kommen im Jahr auf ein Einkommen von bis zu 125.000 Euro
„Die Kandidaten haben heute so viele Angebote, dass sie mitunter sogar noch in der Probezeit oft in andere Unternehmen wechseln“, berichtet Goldhahn. „Zudem wird auch beim Gehalt gepokert.“ Die Verweildauer von Führungskräften in den Unternehmen wird außerdem immer kürzer.

Der stetige Wechsel der Manager erzeuge ständig neuen Personalbedarf bei den Unternehmen. Betrug die durchschnittliche Verweildauer von Führungskräften in den Immobilienfirmen in den vergangenen Jahren etwa fünf Jahre, werde sie jetzt deutlich geringer.

Für die Berater hat das ständige Wechseln der Führungskräfte allerdings auch Nachteile, zumal sie mitunter eine Nachbesetzungsgarantie abgeben. Oft werden auch nur Interimsmanager gesucht, die auf ein Tagesgehalt von 800 Euro kommen können. Hier nimmt die Nachfrage gegenwärtig sogar zu.

Nachwuchskader wollen hohe Arbeitsbelastung vermeiden

Die Cobalt-Consulter verdienen nicht schlecht an diesem Geschäft. Sie erhalten 22 bis 32 Prozent des Bruttojahresgehalts des vermittelten Managers als Honorar. Zur Besetzung einer Position kann Cobalt aus den 5000 bis 6000 pro Jahr interviewten Kandidaten aus dem eigenen Datenpool wählen, in die engere, theoretische Auswahl kommen dann 250 bis 300 Manager.

Die Kandidatensuche erfolgt auf drei Wegen: Im Vordergrund steht die Suche auf Internetportalen und per Anzeigen. Der zweite Weg ist die Direktansprache von Kandidaten aus der eigenen Datenbank, die einige Zehntausend Personen umfasst.

Die dritte Quelle ist das stetig gepflegte Netzwerk in Hochschulen, Berufsorganisationen und Verbänden. Je gesuchter Position sehe man sich 100 Kandidaten und ihre Profile an. 20 Kandidaten kommen in die engere Wahl.

Die Ansprüche der zukünftigen Führungskräfte werden nach Auskunft Goldhahns allerdings immer bescheidener. Sie wollen mehr Freizeit und Zeit für die Familie. Die jungen Nachwuchskader wollen sich selbst verwirklichen und eine besonders hohe Arbeitsbelastung vermeiden.

Gute Chancen für Universitätsabsolventen

„Dafür verzichten sie auch gern auf mehr Gehalt und eine steile Karriere“, berichtet Goldhahn. „Ein höheres Einkommen und ein höherer Status sind heute kein Grund mehr zum Wechsel in ein anderes Unternehmen.“ Der Karrierebegriff ändere sich. Für viele junge Leute sei die Position eines Geschäftsführers nicht mehr erstrebenswert.

Bei den Gehältern haben Universitätsabsolventen, die lediglich auf Praktika in Unternehmen verweisen können, derzeit gute Ausgangspositionen. „Ihre Perspektiven beim Berufsstart sind im Vergleich mit anderen Branchen heute deutlich besser geworden“, sagt Consulter Goldhahn.

Zum Einstieg werden Jahresgehälter zwischen 35.000 und 40.000 Euro geboten. Etwa 70 Prozent der vermittelten Manager kommen allerdings auf ein Jahresgehalt von 70.000 bis 100.000 Euro. Maßgeblich sind hier natürlich die Erfahrungen.

Quelle: welt.de

Dez, 30, 2014

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